Unermüdlicher Einsatz für Erforschung und Behandlung von ME/CFS

Prof. Dr. Carmen Scheibenbogen. Foto: Charité

ME/CFS, auch Chronisches Fatigue-Syndrom genannt, ist eine neuroimmunologische Erkrankung, die die Lebensqualität von Betroffenen besonders stark beeinträchtigt. Prof. Dr. Carmen Scheibenbogen, kommissarische Direktorin des Instituts für Medizinische Immunologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin, engagiert sich seit vielen Jahren, um diesen Menschen zu helfen. Sie ist eine von nur wenigen Expertinnen und Experten in Deutschland, die auf die Erforschung und Behandlung des Krankheitsbildes spezialisiert sind. Heute hat die Medizinerin für ihren Einsatz das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland im Schloss Bellevue erhalten. Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige hatten sie für die Ehrung vorgeschlagen.

In diesem Jahr stehen die Auszeichnungen des Bundespräsidenten zum Tag der Deutschen Einheit unter dem Motto „Brücken bauen". Die Internistin und Hämatoonkologin Prof. Scheibenbogen setzt sich seit mehr als einem Jahrzehnt für die Belange von Menschen ein, die unter der Erkrankung Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) leiden. Ein schwerwiegendes, vielgestaltiges Krankheitsbild, das meist nach einer Infektionserkrankung auftritt. Charakteristisch ist eine Verschlechterung der Symptome selbst nach geringfügiger Belastung. Prof. Scheibenbogen ist eine Brückenbauerin. Sie forscht und vermittelt Wissen über eine Erkrankung, die, wie sie selbst sagt, „bislang wenig bekannt und für viele Ärztinnen und Ärzte daher schwierig einzuordnen ist. Deswegen kümmere ich mich darum." Ein besonderes Anliegen der Medizinerin ist es, mehr über ME/CFS herauszufinden, klinische Studien auf den Weg zu bringen und spezifische Versorgungsstrukturen für Erkrankte ins Leben zu rufen. Denn diese sind bislang nahezu nicht vorhanden.

Auf das Krankheitsbild aufmerksam geworden ist Prof. Scheibenbogen als Leiterin der Immundefekt-Ambulanz am Institut für Medizinische Immunologie der Charité. Hier hatte sie vor 15 Jahren eine Sprechstunde für ME/CFS übernommen. Gemeinsam mit ihrem Team initiiert sie Forschungsprojekte und erste Therapiestudien, auch startet sie Fortbildungen für Mediziner:innen und für Betroffene. 2018 gründet Prof. Scheibenbogen in Kooperation mit Neurologinnen und Neurologen der Charité sowie mit Unterstützung der Weidenhammer-Zöbele-Stiftung das Charité Fatigue Centrum, eine Ambulanz, in der Erkrankte in einem interdisziplinären Umfeld besser betreut werden können. Sie bringt weitere Forschungsprojekte auf den Weg, darunter die vom Innovationsfonds geförderte Versorgungsstudie CFS_CARE oder das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützte Verbundforschungsprojekt IMMME zur Aufklärung von Krankheitsmechanismen, die ME/CFS zugrunde liegen. Der Austausch zwischen Expertinnen und Experten unterschiedlicher Fachrichtungen und Einrichtungen ermöglicht es, diese facettenreiche, wenig erforschte Erkrankung aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und neue Behandlungsansätze zu finden.

„Zu den herausragenden Leistungen von Prof. Scheibenbogen zählen ihr Engagement und der Aufbau einer Behandlungsambulanz für Patientinnen und Patienten mit dem Chronischen Fatigue-Syndrom", hebt Prof. Dr. Heyo K. Kroemer, Vorstandvorsitzender der Charité, hervor. „Gerade durch die COVID-19-Pandemie sind wir mit diesem Krankheitsbild, im Sinne eines Long-COVID-Syndroms, zunehmend konfrontiert. Prof. Scheibenbogen hat sich als eine der weltweiten Expertinnen und Experten für ME/CFS etabliert. Als eine der Ersten in Deutschland hat sie damit begonnen, wegweisende Strukturen für die Versorgung dieser Menschen zu schaffen." Damit gibt sich Prof. Scheibenbogen nicht zufrieden. Für die Zukunft sieht sie einen großen Bedarf und sie hat neue Ziele: „Was dringend bundesweit gebraucht wird, sind Spezialambulanzen als Anlaufstelle für die vielen Betroffenen und Versorgungsstrukturen für die häusliche Pflege, wie es sie beispielsweise für Menschen mit Multipler Sklerose, einer vergleichbaren Erkrankung, gibt."

Bereits 2016 konnte Prof. Scheibenbogen eine Förderung der Europäischen Union (EU) mit einwerben, um einen europäischen Verbund für die komplexe Erkrankung ME/CFS aufzubauen. Mit ihrem Team hat sie Forschungseinrichtungen innerhalb Europas vernetzt und die europäische Leitlinie zur Behandlung Betroffener mitgestaltet. Die COVID-19-Pandemie hat mit dem Auftreten von Long-COVID und dem Post-COVID-Syndrom zu einem verstärkten Handlungsbedarf und einer ganz neuen Wahrnehmung des Krankheitsbildes in der Gesellschaft geführt. 2021 wurde an der Charité das Post-COVID-Netzwerk gegründet, mit dem Ziel, fachbereichsübergreifend Ärztinnen und Ärzten einen Austausch zu ermöglichen, Patientinnen und Patienten zu beraten und zu behandeln. Zu den aktuellen Vorhaben von Prof. Scheibenbogen zählt der Aufbau einer Studienplattform für ME/CFS nach COVID-19 und das Post-COVID-Syndrom an der Charité. Therapiestudien und klinische Studien sollen dazu beitragen, die Spät- und Langzeitfolgen von COVID-19 behandelbar zu machen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat für diesen Zweck erste Fördermittel in Aussicht gestellt.

Quelle: Charité