Im Sog der Extremisten: Berliner Eltern und Schulen suchen Rat

Archivfoto von Christoph Soeder/dpa

Rechte Gruppen wie «Jung & Stark» oder «Deutsche Jugend voran» entwickeln nach Darstellung des Violence Prevention Network auch in Berlin Anziehungskraft auf immer jüngere Jugendliche. Das spiegele sich in der Nachfrage von Beratung, erklärte das Netzwerk in Berlin. «Wir haben ein extrem hohes Fallaufkommen», sagte Elisabeth Hell von der Beratungsstelle Crossroads. Fachleute aus Schulen und Sozialarbeit, aber auch Eltern suchten Rat, wenn Jugendliche in den Sog solcher Gruppen gerieten.

In den Beratungsgesprächen stelle sich oft heraus, dass die Jugendlichen eben nicht «jung und stark» seien, sondern eher «jung und prekär». Sie hätten selbst oft mehrere Probleme gleichzeitig, fügte die Expertin hinzu. Dazu gehörten «Schuldistanz», Rauschmittel, eine Eskalation in der Familie oder eine Vorgeschichte mit gescheiterten Hilfsangeboten. Um die Jugendlichen aus gewaltbereiten Gruppen herauszulösen, müsse man die Gesamtsituation stabilisieren. Dazu müssten diverse Akteure und staatliche Stellen zusammenarbeiten, sagte Hell.

Störaktionen beim Christopher Street Day

Zuletzt hatte der Landesverfassungsschutz Brandenburg sich besorgt über Gruppen wie «Jung & Stark», die «Letzte Verteidigungswelle» oder «Deutsche Jugend voran» gezeigt. Sie seien gewaltbereit, antisemitisch und verherrlichten den Nationalsozialismus, erklärten die Verfassungsschützer. 

Teile dieser Bewegung fielen seit 2024 dadurch auf, gegen die Christopher Street Days in ostdeutschen Städten zu mobilisieren, sie zu stören und zu bedrohen, schrieb Hell in einem Aufsatz. Sie zögen Jugendliche teils ab einem Alter von 14 Jahren an, darunter auch einige Mädchen und junge Frauen. Rekrutiert werde hauptsächlich über Social Media. Die Gruppen stillten Bedürfnisse nach Zugehörigkeit, Aktion, Orientierung und Sinn.

Kampfsport und Aufmerksamkeit

«Ausflüge» in ostdeutsche Kleinstädte oder Demonstrationen in Berlin hätten für die Jugendlichen «Unterhaltungswert», erläuterte Hell. Daneben böten sie ihren Anhängern Kampfsport und sorgten für Aufmerksamkeit mit Provokationen im öffentlichen Raum wie Beleidigungen und Bedrohungen, aber eben auch physische Gewalt gegen vermeintlich Andersdenkende. Erstes Ziel der Beratung sei, eine Distanzierung von der Gewalt zu erreichen, meinte Hell.



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