Deutsche Musikerinnen und Musiker werden international erfolgreicher

Deutsche Musikerinnen und Musiker werden international erfolgreicher. Foto Berliner-Sonntagsblatt

Deutsche Musikerinnen und Musiker in der Welt - das könnte für die Musikindustrie hierzulande in den kommenden Jahren noch zu einem wichtigeren Thema werden. «Musikfans sind oft durchaus sehr lokal interessiert, auch wenn man beim Radiohören den Eindruck bekommen kann, dass internationales Repertoire dominiert», sagte der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes der Musikindustrie, Florian Drücke, im Interview. Der Verband vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von rund 200 Tonträgerherstellern und Musikunternehmen - die etwa 80 Prozent des deutschen Musikmarkts ausmachen.

Lokale Künstlerinnen und Künstler an den Markt bringen

Es bleibe spannend, wie sich das Phänomen der sogenannten «Glocalisation» - also der Mix aus Globalisierung und Lokalisierung - in den kommenden Jahren entwickeln werde, so Drücke. «Hier bietet das Streaming eine große Chance für lokale Künstlerinnen und Künstler. Jedenfalls geht im deutschen Radio diesbezüglich noch mehr.» Es bleibe eine Herausforderung, wie man es aus Deutschland heraus schaffen könne, weltweit Musikerinnen und Musiker zu etablieren - auf Deutsch oder Englisch oder ganz sprachunabhängig als elektronische Musik-DJs.

Auch der Vizepräsident des Deutschen Musikrates, Udo Dahmen, sieht das als wichtige Entwicklung zur Internationalisierung des deutschen Musikmarktes. «Es gibt viele Künstlerinnen und Künstler, die auf Englisch singen, für die die internationale Karriere interessant ist.» Alice Merton, Zoe Wees, Kim Petras, aber auch DJs wie Robin Schulz oder Paul van Dyk, die mit ihren Liedern oder Kollaborationen teilweise auch in die UK- und US-Charts vorgedrungen sind, sind da nur die bekanntesten Beispiele.

Berlin wird wichtiger als Standort

Auch könnte Berlin als Standort immer wichtiger werden. Schon seit der Wende sei die Hauptstadt für viele Künstlerinnen und Künstler besonders spannend gewesen, so Dahmen. «In den letzten Jahren ist der Lebens- und Arbeitsraum wegen des permanenten Zuzugs für Kunstschaffende knapper und teurer geworden.» Das sei gerade für junge Künstlerinnen und Künstler ein Thema, das es ihnen schwieriger mache, in der Stadt Fuß zu fassen.

Einen Schritt in diese Richtung hat wohl das Label Warner Music Group in diesem Jahr gemacht, als es eine Repräsentanz in Berlin eröffnet hat. Drücke vom Musikverband sagt ganz klar: «Im globalen Markt findet mit Blick auf Europa längst nicht mehr alles in London statt.» Viele auch internationale Karrieren hätten in Berlin ihren Anfang genommen. «Ich nehme wahr, dass hier wahnsinnig viel passiert, auch was die Kooperation mit der Start-up-Szene angeht.»

Digitaler Markt weiter prägend für Musikindustrie

«Wir sehen, dass die Strategie der Branche, die Digitalisierung zu umarmen, aufgegangen ist und Früchte trägt», so Drücke. Noch nie habe es so viel Musik auf so vielen verschiedenen Kanälen wie jetzt gegeben. «Wir kommen aus einer Branche, der vor 20 Jahren der Umsatz eingebrochen ist - wegen der vielen illegalen Nutzungen. 20 Jahre später haben wir es geschafft, viele Menschen in hochattraktive legale und vor allem auch bezahlte Streaming-Angebote zu bringen.»

Musik verfügbar zu machen, sei heute keine komplizierte Sache mehr, so Drücke. «Die Frage ist: Wie fällt man auf? Der Wettbewerb um die Aufmerksamkeit ist durch das vielfältige und gleichzeitige Angebot heutzutage extrem intensiv, weshalb Künstlerinnen und Künstler umso mehr starke Partnerschaften benötigen.»

Der Musikmarkt ist nach der Darstellung Dahmens vor allem für Newcomer hart. Kleinere Clubs hätten Schwierigkeiten, genug Zuschauer zu finden - die Szene habe sich nach der Corona-Pandemie immer noch nicht vollständig erholt. Für Künstler scheint es schwerer geworden zu sein - auch ein Angebot bei Streamingdiensten helfe nicht immer. «Es ist nicht einfach, sich über Streaming oder soziale Medien zu behaupten. Jetzt gerade profitieren immer noch die großen Künstler stärker.» Selbst bei einer Million Streams nähmen die Musikerinnen und Musiker nur etwa 4000 Euro ein.

Ist Streaming überhaupt lukrativ für Künstler?

In den vergangenen Jahren flammte auch die Diskussion um gerechte Bezahlung an die Kunstschaffenden immer wieder auf. In diesem Jahr hat Spotify seinen Preis erhöht - eine gute Nachricht, so Drücke: «Und es ist ein weiterer Schritt, um den Kuchen für die Kreativen und ihre Partner insgesamt zu vergrößern.» Als Vertreter von Musikerinnen und Musikern in Deutschland fordert Dahmen hingegen ein neues Abrechnungsmodell, das unbekanntere Künstler stärker berücksichtigt.