Welchen Einfluss haben soziale Medien auf das Selbstbewusstsein der Generation Y?

Welchen Einfluss haben soziale Medien auf das Selbstbewusstsein der Generation Y? Foto: Dr. Yana Fehse

Dr. Fehse: Einen ganz Großen! Denn das Problem ist das Sich-Vergleichen, was wir Menschen automatisch durchführen. Durch die ständige Präsenz von Bildern auf Plattformen wie Instagram und Co. entsteht der Eindruck, dass andere Menschen ein perfektes Leben führen. Dies kann bei manchen Menschen den Eindruck erwecken, dass sie im Vergleich dazu weniger erfolgreich oder attraktiv sind, was zu einem Mangel an Selbstvertrauen führen kann. Dann gibt es natürlich noch diejenigen, die sich aktiv selbst inszenieren. Dort kann es zu einem ausgeprägten Selbstbewusstsein kommen.

Inwiefern kann die Inszenierung des Selbst auf sozialen Medien zu einem gesteigerten Narzissmus führen?

Dr. Fehse: Wer sich ständig selbst inszeniert, kann ein narzisstisches Verhalten entwickeln. Das bedeutet, dass die eigene Persönlichkeit und Image immer mehr in den Vordergrund gestellt werden und das aufrichtige Interesse an anderen abnimmt. Solchen Menschen ist es wichtig, möglichst viele "Likes" und Kommentare für ihre Posts zu bekommen. Sie werden so auf die Rolle eines Like- und Kommentar-Lieferanten reduziert. Laut einer Studie der University of Michigan (Fox, J., & Rooney, M. C., 2015) ist bei jungen Erwachsenen, die häufig Selfies posten, die Wahrscheinlichkeit höher, narzisstische Persönlichkeitsmerkmale wie Ich-Bezogenheit, Rücksichtslosigkeit, verringerte Empathie etc. zu zeigen. Zudem kann das ständige Posten dazu führen, dass sich Menschen mit der Zeit immer mehr auf ihr "virtuelles Ich" konzentrieren und die Realität aus den Augen verlieren. Auch diese Fokusverschiebung auf einen “Fake” kann zu einem gesteigerten Narzissmus führen.

Wie beeinflusst der Vergleich mit anderen das Selbstwertgefühl der Menschen?

Dr. Fehse: Social Media ist eine der größten Vergleichshöllen, mit denen wir Menschen konfrontiert sind. Wer sich darauf einlässt, muss wissen, dass er sich weltweit mit anderen vergleichen kann und wird. Frei nach dem Motto: Jeder findet seinen Meister. Aber nicht nur das. Viele Nutzer neigen dazu, ihr Leben in einem idealisierten Licht darzustellen und nur die glücklichsten Momente zu teilen. Wenn andere Nutzer das sehen und sich mit ihrem eigenen Leben vergleichen, kann das zu einem negativen Selbstbild und niedrigeren Selbstwertgefühl führen. Vergleiche mit anderen Nutzern können zu Gefühlen von mangelndem Erfolg, Unglücklichsein oder Schönheitsdefiziten führen. Wichtig ist zu erkennen, dass Social-Media-Plattformen nur einen Teil des Lebens zeigen und nicht die volle Realität widerspiegeln in all ihren bunten Facetten. Doch das wird oft ausgeblendet. Es wird verkannt, dass es viele Aspekte des Leben wie Trennung, gesundheitliche Probleme und wirtschaftliche Tiefschläge gibt, die sich nicht einfach in einem Post darstellen lassen – und auch nicht dargestellt werden sollen, weil sie dem Image abträglich wären.

Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um das Selbstbewusstsein der Generation Y zu stärken und das Risiko zu reduzieren?

Dr. Fehse: Wichtig ist, sich bewusst zu machen, dass Social Media nur ein - häufig auch verzerrter - Teil des Lebens ist und daher kein vernünftiger Maßstab für Erfolg oder Glück sein kann. Ein weiterer sinnvoller Ansatz wäre, eine gesunde Beziehung zu Social Media zu entwickeln, indem ein Gleichgewicht zwischen Online- und Offline-Aktivitäten gefunden wird. Junge Menschen können bewusst entscheiden, Social Media nur begrenzt und gezielt zu nutzen. Selbstreflexion, Gespräche mit Familie und Freunden sowie die Fokussierung auf die eigenen Stärken sind sinnvolle Maßnahmen. Wichtig ist, sich nicht in destruktiven Grübeleien zu verlieren und sein eigenes Rennen im Leben zu fahren, unbeeinflusst von Vergleichen auf Social Media. Unterm Strich heißt das: „Ich bin auch gut, wenn ich kein Like bekomme.“ Und was mir besonders am Herzen liegt: Sich aktiv mit anderen Interessen und Hobbies wie Musik, Bücher lesen, Sport und geselliges Beisammensein mit Freunden auseinanderzusetzen, die nichts mit Social Media zu tun haben. Balance in allen Lebenslagen ist für mich die Zauberformel. Mehr Informationen finden Sie auf der Website und im Buch Radikales Selbstvertrauen - Dr. Yana Fehse.

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