Wehrbeauftragter drückt bei Bundeswehr-Ausrüstung aufs Tempo

Wehrbeauftragter drückt bei Bundeswehr-Ausrüstung aufs Tempo
Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Henning Otte (CDU), fordert eine höhere Geschwindigkeit bei der Ausrüstung der Bundeswehr. "Die Zeitenwende ist nicht dynamisch genug umgesetzt worden, Entscheidungen wurden zu spät getroffen, die Stückzahlen waren zu gering", sagte Otte der "Welt am Sonntag". "Da muss jetzt Tempo rein." Die Möglichkeiten der durch eine Verfassungsänderung beschlossenen Abkopplung der Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse des Grundgesetzes müssten nun zügig genutzt werden.
"Das Geld darf jetzt nicht nur ins Schaufenster gestellt werden." Die Soldaten müssten jetzt die notwendige materielle Ausstattung erhalten, um ihren Auftrag erfolgreich erfüllen zu können, so Otte. Dabei dürfe das Geld nicht einfach beliebig ausgegeben werden. "Es müssen militärische Fähigkeiten in Systemverbünden aufgebaut werden. Nur auf diese Weise kann der Wehretat effizient genutzt werden", so der Wehrbeauftragte. Alle Funktionsträger müssten "besser und schneller" werden, insbesondere der neue Rüstungsstaatssekretär Jens Plötner stehe in der Verantwortung, "den Rüstungsprozess zielgerichteter zu organisieren". Bezüglich des neuen Wehrdienstes pochte Otte auf einen baldigen Gesetzentwurf mit einem Pflichtanteil: "Es ist die Aufgabe der Bundesregierung, dieses Gesetz mit seinen verpflichtenden Teilen so zu formulieren, dass es verfassungsfest ist und noch in diesem Jahr verabschiedet werden kann." Zwar sehe der Koalitionsvertrag vor, es zunächst weiter mit einem freiwilligen Wehrdienst zu versuchen. "Sollte das nicht ausreichen, muss um verpflichtende Elemente erweitert werden", sagte Otte. Er werde "die Entwicklung des neuen Wehrdienstes genau verfolgen und mir das Thema auf Wiedervorlage legen". Die Bundeswehr brauche aufgrund ihrer Aufgabenlast dringend personelle Verstärkung, mahnte Otte in Richtung von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Bislang sei es das Ziel gewesen, die Zahl von rund 182.000 Soldaten auf rund 203.000 zu steigern. "Das wurde klar verfehlt", so der CDU-Politiker. Nun sei das Ziel noch weiter in die Ferne gerückt - der Verteidigungsminister habe jetzt einen zusätzlichen Bedarf von 60.000 Soldaten ausgerufen. "Das ist eine enorme Herausforderung, die Boris Pistorius jetzt bewältigen muss." Auch den Bundestag nahm Otte in die Pflicht. So könne er persönlich sich vorstellen, die Praxis zu verändern, jeden Rüstungseinkauf über 25 Millionen Euro gesondert im Haushaltsausschuss zu bewilligen. Es sei grundsätzlich gut für die gesamte gesellschaftspolitische Debatte, wenn die Parlamentarier über diese Vorlagen eng in die Rüstungsbeschaffung eingebunden seien und damit auch Kontrollmöglichkeiten hätten, so Otte. "Ich kann mir persönlich aber vorstellen, dass es angesichts der neuen Dimensionen zur Entlastung aller Beteiligten eine höhere Betragslinie geben könnte."