Die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, hat den designierten Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) dazu aufgerufen, sich mit der Aufstellung des Bundeshaushalts zu beeilen. "Wichtigste Aufgabe ist jetzt, rasch einen Bundeshaushalt aufzustellen", sagte sie der "Welt" (Donnerstagausgabe). Angesichts des Neuzuschnitts der Ministerien sei dies keine leichte Aufgabe. "Wichtig auch: darauf zu achten, dass die zusätzlichen Spielräume durch eine Reform der Schuldenbremse und die Sondervermögen zukunftsorientiert und wachstumsförderlich eingesetzt werden", so Schnitzer.
"Das bedeutet auch, bei `Nice-to-have-Wünschen` Nein zu sagen, egal, von welcher Fraktion die Wünsche kommen." Da sei viel Verhandlungsgeschick gefragt. Dass Klingbeil keinerlei Erfahrung mit Haushalts- und Steuerthemen habe, hält die Inhaberin des Lehrstuhls für Komparative Wirtschaftsforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München für keinen großen Nachteil.
"Entscheidend ist, auf erfahrene Staatssekretäre zu setzen, die sich auf Bundes- und EU-Ebene auskennen", sagte sie. Friedrich Heinemann, Leiter des Bereichs Öffentliche Finanzen beim Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), fordert von Klingbeil eine strenge Ausgabenkontrolle. "Er muss die Kontrolle über das Wachstum der Sozialausgaben zurückgewinnen", sagte Heinemann. Jeder vierte Euro im Haushalt gehe ins Rentensystem.
"Auch die neuen Schulden nach der Grundgesetzänderung werden die Finanzierungsprobleme nicht lösen können, wenn es nicht zu einer Eindämmung kommt", sagte er. Klingbeil komme nicht umhin, den Druck auf die Sozialpolitiker - auch in seiner Partei - zur Kostendämpfung in Rente, Gesundheit und Pflege zu erhöhen. Jens Südekum, Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Düsseldorf und SPD-Parteimitglied, erwartet von Klingbeil klare Ansagen an die Koalitionäre. "Für viele der gewünschten Projekte, etwa für die Ausweitung der Mütterrente, dürfte erst einmal kein Geld da sein", sagte Südekum. Das müsse Klingbeil seinem Koalitionspartner Markus Söder (CSU) näherbringen.