IHK-Konferenz fordert Straßenausbau und ICE-Direktverbindungen zum BER
Die wirtschaftliche Dynamik in der Airport Region Berlin-Brandenburg ist beachtlich - doch bei der Infrastruktur droht der Absturz. Auf der Wirtschaftskonferenz der Industrie- und Handelskammern in Berlin-Brandenburg (IHK) schlugen Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung Alarm: Ohne massive Investitionen in Straße, Schiene und Luftverkehr drohe der wachsende Wirtschaftsraum auszubremsen.
Die Zahlen sprechen für sich: Über 12.000 neue Jobs bei Tesla, 2.000 Beschäftigte bei der Flughafengesellschaft sowie ein erwartetes Bevölkerungsplus von 40.000 Menschen bis 2030. Jedoch bleiben die Verkehrswege ein Engpass. Die Airport-Region Berlin-Brandenburg wächst rasant und stellt einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar und über 350 Hektar neue Gewerbeflächen schaffen Perspektiven für Zehntausende Arbeitsplätze. Doch die Infrastruktur hinkt diesem Wachstum hinterher. Straßen und Schienen drohen an ihre Grenzen zu stoßen.
Eine aktuelle IHK-Studie belegt den Handlungsdruck: Die Region verzeichnete zuletzt ein jährliches Beschäftigungsplus von über 5 Prozent, rund 38 Prozent der Unternehmen erwarten weiteres Wachstum - doch viele warnen vor zunehmenden Investitionshemmnissen durch schlechte Anbindung.
„Die A10, A12 und A13 müssen dringend ausgebaut werden“, forderte Robert Rückel, Vizepräsident der IHK Berlin. „Und der BER braucht ICE-Halte sowie umsteigefreie Direktverbindungen, um international mithalten zu können.“ Das deutsche Planungsrecht sei „zu kompliziert“, so Rückel. „Die Dresdner Bahn ist nur ein Anfang. Für den Berliner Wirtschafts- und Tourismusstandort sind interkontinentale, aber auch europäische Flugverbindungen zu Nachbarstädten und wirtschaftlichen Ballungsgebieten notwendige Voraussetzung für Attraktivität und damit Wachstum. Mehr Konnektivität am Flughafen bedeutet mehr Besucher aus dem Ausland, die Veranstaltungen, Messen und Konferenzen besuchen. Ein gut ausgebautes Streckennetz am BER - Berlin Brandenburg Airport schafft die Grundlage für die Vernetzung mit den Unternehmen der Region und mit anderen Unternehmen in aller Welt. Dazu müssen die politischen Rahmenbedingungen deutlich verbessert werden. Dazu gehören die Absenkung der Luftverkehrssteuer, Liberalisierung von Luftverkehrsabkommen sowie mehr Flexibilität beim Nachtflugverbot.“
Alexander Kaczmarek, Bahn-Konzernbevollmächtigter für Berlin und Brandenburg, kündigte die Eröffnung der Dresdner Bahn für Dezember 2025 an: „Die Fahrzeit vom Hauptbahnhof zum BER wird sich dann halbieren.“ ICE-Halte am Flughafen sieht er hingegen kritisch: „Sie würden die Reisezeiten für andere Strecken verlängern.“
Auch die Straßen stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen. Die IHK fordert neben dem Ausbau der Autobahnen auch ein intelligentes Verkehrsmanagement mit Seitenstreifenfreigaben, Schilderbrücken und Dauerzählstellen. Ergänzt wird der Maßnahmenkatalog um Forderungen zum Schifffahrtsausbau (u.a. Schleuse Kleinmachnow) und zur Förderung des Luftverkehrs. Auch der Ausbau der Wasserstraßen sowie eine Anpassung der Luftverkehrsregelungen sind essenziell, um die Region international wettbewerbsfähig zu halten und das Potenzial der Airport Region auszuschöpfen.
Aletta von Massenbach, CEO der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, mahnte: „Nur wenn Politik und Wirtschaft gemeinsam handeln, können wir die Mobilität rund um den BER nachhaltig und zukunftssicher gestalten.“ Sie sprach sich für eine signifikante Senkung der Luftverkehrssteuer und flexiblere Nachtflugregelungen aus. Dann würden auch mehr Airlines Berlin anfliegen.
Politische Rückendeckung kam von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU), Brandenburgs Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) und Verkehrsstaatssekretärin Dr. Claudia Elif Stutz. Wegner stellte klar: „Diese Region ist ein wirtschaftlicher Motor - es ist unsere Verantwortung, den Treibstoff in Form von Infrastruktur nachzuliefern.“ Wegner und Keller betonten die enge länderübergreifende Zusammenarbeit - etwa bei i2023, dem gemeinsamen Ausbauprojekt des Schienennetzes von Berlin, Brandenburg und der Deutschen Bahn. Der Berliner Senat arbeitet bereits an schnelleren Planungsprozessen, einer KI-gestützten Verkehrssteuerung und treibt mit dem „Schneller-Bauen-Gesetz“ sowie einer Fachkräftestrategie konkrete Maßnahmen für eine moderne Infrastruktur voran. Klar sei: Für die Metropolregion braucht es zusätzlich mehr Tempo, Innovation und eine stärkere Unterstützung durch den Bund. Dr. Stutz forderte die Länder auf, die Bundesmittel auch zwingend fristgerecht zu verwenden und versprach einen konstruktiven Dialog mit den Ländern Berlin und Brandenburg.
Daniel Keller plädierte zudem dafür, den Wirtschaftsstandort Ostdeutschland mit mehr Konnektivität zu stärken. In Vertretung für alle ostdeutschen Ministerpräsidenten stellte er fest: „Deutschland ist zu langsam“, und forderte den signifikanten Abbau von Bürokratie: „Wir machen vor nichts Halt - auch nicht vor europäischer Gesetzgebung“. In Bezug zum Ausbau der Verbindung zum Hauptstadt-Airport, u.a. durch eine U7-Verlängerung von Rudow (Neukölln) zum BER, sind die Ansichten jedoch gespalten. Das Problem dabei ist, dass einen Großteil der Summe das Land Brandenburg bezahlen müsste, weil ein Großteil der Strecke dort liegt. Berlins Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) ermutigte aber damit, dass die Nutzen-Kosten-Untersuchung positiv aussehen würde, und appellierte zugleich an Brandenburg, sich endlich „einen Ruck“ bei der Finanzierung zu geben. Jedoch ließ Keller diesen Punkt weitestgehend unkommentiert. Er betonte, dass Brandenburg viel größer sei als „nur“ die Airport Region und auch in ländlichen Regionen investiert werden müsse.
Fazit der Konferenz: Die Region boomt - aber der Verkehr stockt. Wirtschaft und Politik sind sich weitestgehend einig: Die Airport Region braucht jetzt Infrastrukturinvestitionen, sonst wird aus dem Standortvorteil ein Entwicklungsstau.