RKI droht Verlust zentraler Erregerüberwachung

RKI droht Verlust zentraler Erregerüberwachung
Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat in den vergangenen Jahren mit der sogenannten Integrierten Genomischen Surveillance (IGS) ein zentrales Instrument zur Überwachung von Krankheitserregern und zur Pandemievorsorge aufgebaut - doch die Zukunft des Projekts steht offenbar auf der Kippe. Wie der Fachdienst "Tagesspiegel Background Gesundheit & E-Health" (Mittwochsausgabe) berichtet, will das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Förderung der IGS zum Jahresende 2025 auslaufen lassen. Ein Ministeriumssprecher bestätigte demnach, dass die bisher vom Bund finanzierte Projektphase nach Ablauf der vorgesehenen Laufzeit ende. "Wie alle Forschungsprojekte waren die genannten Maßnahmen zeitlich begrenzt", teilte er mit.
Seit 2021 habe das BMG rund 18 Millionen Euro in die "Konzeption und Etablierung einer erregerübergreifenden IGS" investiert. Ab 2026 solle das RKI die Arbeit aus seinem eigenen Haushalt fortführen. Für das RKI dürfte das schwierig werden: Der Etat des Bundesinstituts im Geschäftsbereich des BMG beläuft sich laut Haushaltsplan 2025 auf rund 192 Millionen Euro, von denen etwa drei Viertel fest gebunden sind - vor allem für Personal und gesetzliche Aufgaben. Nur ein kleiner Teil kann flexibel für Forschungs- und Entwicklungsprojekte eingesetzt werden. Kritik an der Entscheidung kam umgehend aus der Fachwelt. Der Vorsitzende der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM), Michael Müller, sprach von einem "herben Rückschlag" für die bisher geleistete Arbeit. Eine integrierte genomische Überwachung sei notwendig, "damit wir mit den internationalen Standards mithalten können". Nur durch den systematischen Vergleich von Erregersequenzen lasse sich die Verbreitung von Infektionskrankheiten früh erkennen, so Müller. Auch Forscher aus den Nationalen Referenzzentren warnten vor gravierenden Folgen. Der wissenschaftliche Leiter des Referenzzentrums für Mykobakterien, Stefan Niemann, nannte den drohenden Wegfall der BMG-Mittel "verheerend". Die mühsam aufgebauten Netzwerke und Kapazitäten drohten "nachhaltig zerstört" zu werden. Damit würden "jahrelange Fortschritte zunichtegemacht". Die IGS liefere entscheidende Erkenntnisse über die Entwicklung von Resistenzen und die Verbreitung relevanter Erregerstämme, heißt es in dem Bericht. Ein Abbau dieser Strukturen schwäche Deutschlands Rolle in der europäischen und internationalen Gesundheitsforschung. Das Gesundheitsministerium teilte hingegen mit, die IGS bleibe "ein wichtiger Baustein einer zukunftsfähigen Surveillance von Infektionserregern". Man wolle gemeinsam mit dem RKI prüfen, wie das System künftig weiterentwickelt und finanziert werden könne. Konkrete Zusagen machte das Ministerium jedoch nicht.

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