Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften ist in Deutschland im September wieder angestiegen. Im dritten Quartal 2025 wurden die Rekordwerte des zweiten Quartals fast erreicht und damit die zweithöchsten Insolvenzzahlen seit 20 Jahren gemessen, teilte das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) am Donnerstag mit. Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im September bei 1.481. Das sind fünf Prozent mehr als im Vormonat, 14 Prozent mehr als im September 2024 und 64 Prozent mehr als in einem durchschnittlichen September der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie. Schließungen großer Arbeitgeber führen häufig zu erheblichen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten. Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Jobs liefert zudem eine gute Annäherung an die Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze.
Laut IWH-Insolvenztrend waren im September in den größten zehn Prozent der insolventen Unternehmen etwa 20.000 Arbeitsplätze betroffen. Damit liegt die Zahl der betroffenen Beschäftigten deutlich (62 Prozent) über dem Vormonat und erreicht etwa das Vierfache des September-Durchschnitts der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019. Die vergleichsweise hohe Zahl betroffener Arbeitsplätze im September erklärt sich auch durch die Großinsolvenz der Schlau-Gruppe, zu der die Hammer-Fachmärkte gehören. Im dritten Quartal 2025 waren 4.478 Personen- und Kapitalgesellschaften von einer Insolvenz betroffen. Damit wurde der Rekordwert des zweiten Quartals 2025 nur um ein Prozent unterschritten. Somit wurde im dritten Quartal 2025 die zweithöchste Anzahl insolventer Personen- und Kapitalgesellschaften seit dem dritten Quartal 2005 gemessen - höher als im Nachgang der großen Wirtschafts- und Finanzkrise 2009.
Die Zahl der betroffenen Arbeitsplätze in den größten zehn Prozent der insolventen Unternehmen ging im Vergleich zum Vorquartal leicht auf etwa 42.000 zurück. Auch wenn das Niveau noch immer hoch ist, setzt sich damit der Trend zu kleineren Insolvenzen fort. Während die Zahl insolventer Industriebetriebe im Vergleich zum Vorquartal massiv zurückging (-27 Prozent) und sich Bau, Handel und die freiberuflichen und wissenschaftlich-technischen Dienstleistungen knapp unter den Höchstständen hielten, verzeichneten die meisten anderen großen Branchen neue Rekordwerte. Stark betroffenen waren Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und Berlin. Verglichen mit dem ersten Quartal 2020 - also noch bevor die Pandemie das Insolvenzgeschehen hätte prägen können - stieg die Zahl der Insolvenzen im dritten Quartal 2025 um 61 Prozent. Steffen Müller, Leiter der IWH-Insolvenzforschung, führt die hohen Insolvenzzahlen auf langanhaltende gesamtwirtschaftliche Probleme sowie auf Nachholeffekte der Niedrigzinspolitik und Corona-Staatshilfen zurück. "Der Trendanstieg bei der Zahl der Insolvenzen ist vorerst gestoppt. Auch wenn im Oktober nochmals hohe Insolvenzzahlen erwartet werden, rechne ich für die kommenden Monate insgesamt mit einer Konsolidierung des Insolvenzgeschehens auf hohem Niveau", sagte Müller. "Der Trendanstieg endet jedoch nicht, weil sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessert hätten, sondern weil die Nachholeffekte an Kraft verlieren." In den steigenden Insolvenzzahlen sieht Müller "schmerzhafte, aber notwendige Marktbereinigungen" sowie Strukturanpassungen, die Raum für zukunftsfähige Unternehmen schaffen könnten.