Vor der Anhörung im Bundestag zum Sparpaket von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) an diesem Montag haben die Krankenkassen zusätzliche Kürzungen bei Pharma und Ärzteschaft eingefordert. "Wenn weitere Sparmaßnahmen ausbleiben, dann steigen die Zusatzbeiträge im nächsten Jahr im Durchschnitt auf über drei Prozent", sagte Oliver Blatt, Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montagsausgabe). "Das belastet die Versicherten, das belastet die Arbeitgeber, das kann in unserer aktuellen wirtschaftlichen Situation niemand gebrauchen." Das vorliegende "kleine Sparpaket", gegen das insbesondere die Kliniken schon Sturm laufen, "reicht nicht, da muss nachgelegt werden", sagte Blatt der Zeitung. Die Politik habe noch bis Jahresende Zeit, um mit einem "ambitionierteren großen Sparpaket den Ausgabenanstieg so weit zu senken, dass die Beiträge im Durchschnitt auch wirklich stabil bleiben können".
Dazu müssten alle großen Gruppen ihren Beitrag leisten. "Deshalb wäre es notwendig und angemessen, auch der Pharmaindustrie und der niedergelassenen Ärzteschaft einen ernsthaften Sparbeitrag abzuverlangen", so Blatt. Die niedergelassenen Ärzte erhielten Zuschläge für die Terminvermittlung, aber eine Verbesserung bei den Wartezeiten sei nicht zu erkennen. Obendrauf sei es zu einer fehlerhaften Doppelfinanzierung gekommen. "Hier wären mindestens rund 400 Millionen Euro einzusparen", so die Kampfansage der Kassen an die Ärzteschaft. Als "kurzfristige Solidarmaßnahme der Pharmaindustrie" verlangte der GKV-Chef die gesetzliche Erhöhung des Herstellerrabatts. "Das bringt über eine Milliarde Euro ein", so seine Überzeugung. Die Pharmaindustrie habe in den letzten Jahren sehr stark vom beitragsfinanzierten System profitiert. "Gerade im Bereich neuer Arzneimittel brauchen wir mehr Kostenkontrolle, da die Ausgaben mit stark steigenden Arzneimittelpreisen aus dem Ruder laufen."
Warkens "kleines" Sparpaket im Volumen von zwei Milliarden Euro hat schon das Kabinett passiert. Nach der Anhörung an diesem Montag soll es bereits am Donnerstag vom Bundestag beschlossen werden. Den Löwenanteil von 1,8 Milliarden Euro sollen die Krankenhäuser beisteuern, die deswegen bereits vor einer Welle von Klinik-Insolvenzen warnen. GKV-Chef Blatt sagte indes, er könne "das Klagen der Krankenhäuser über ihren Sparbeitrag nicht nachvollziehen". Denn auch so erhielten die Kliniken im nächsten Jahr pro Monat rund 500 Millionen Euro zusätzlich. "Keinem Krankenhaus wird etwas weggenommen, aber der Anstieg ihrer Einnahmen wird auf ein angemessenes Maß begrenzt", sagte der Verbandschef. Es falle die sogenannte Meistbegünstigungsklausel weg, "die den Kliniken seit Jahren ungerechtfertigte Zusatzeinnahmen verschafft hat".