Eine 72-Jährige soll mit einem Beil auf ihren schlafenden Ehemann eingeschlagen haben - knapp vier Monate später hat sie im Prozess wegen versuchten Mordes vor dem Berliner Landgericht einen Schlag zugegeben und Bedauern geäußert. Bei ihr habe sich Angst vor der Zukunft «hochgeschaukelt», erklärte die Seniorin über ihre Verteidigerin. Sie habe ihren Mann und dann sich selbst umbringen wollen. Als sie Blut sah, sei sie aber geschockt gewesen und habe die Feuerwehr alarmiert.
Die Staatsanwaltschaft geht von einem heimtückischen Angriff aus. Am Morgen des 9. August habe sie in der gemeinsamen Wohnung in Berlin-Kreuzberg den 74 Jahre alten Mann attackiert, der in seinem Bett schlief, heißt es in der Anklage. Die Frau habe mit dem 600 Gramm schweren Beil «zweimal auf den Oberkopf geschlagen, um ihn zu töten». Weil sie von der Klinge des erst einige Monate zuvor erworbenen Beiles eine Kunststoff-Schutzkappe nicht entfernt hatte, habe der Mann lediglich zwei Platzwunden erlitten.
«Ich hoffe, dass er mir verzeihen kann»
Die Frau erklärte weiter, sie habe seit längerer Zeit unter Depressionen gelitten und sich «in einer Katastrophenstimmung» befunden. Zunächst habe sie sich aus dem Fenster stürzen wollen, dann aber das Beil gesehen. In dem Moment habe sie gedacht: «Gehen wir beide, er ist verrückt, ich bin depressiv». Aus ihrer Sicht hatte sich ihr Mann in den Monaten zuvor verändert. «Ich hoffe, dass er mir verzeihen kann», so die 72-Jährige. Es tue ihr «von Herzen leid».
Der Ehemann sagte als erster Zeuge, er kenne seine Frau seit 40 Jahren, sie seien seit knapp 20 Jahren verheiratet. «Sie war nie gewalttätig, es kann nur eine Kurzschlussreaktion gewesen sein», so der 74-Jährige. «Ich trage meiner Frau nichts nach.» Die Tat sei für ihn überraschend gewesen. Es habe keine Probleme in der Beziehung gegeben und keine finanziellen Sorgen.
Ehemann: «Schlag war eher zaghaft»
Das Beil habe er seiner Frau dann «relativ leicht» aus der Hand nehmen können, schilderte der Mann. «Sie stand da, als wäre sie abwesend.» Der Schlag sei aus seiner Sicht «eher zaghaft» gewesen. «Als ich sie ins Bad führte, sagte sie, dass sie nicht mehr leben wolle.» Sie habe dann ein Fenster geöffnet und sich in die Tiefe stürzen wollen - «ich zog sie zurück».
Die 72-Jährige hatte nach dem Angriff den Notruf gewählt und erklärt: «Ich habe versucht, meinen Mann zu erschlagen.» Sie wurde festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Zu prüfen ist im Prozess auch, ob die frühere Sozialarbeiterin bei der Tat möglicherweise psychisch beeinträchtigt war und mit verminderter Schuldfähigkeit handelte. Die Verhandlung wird am 16. Dezember fortgesetzt.