Die gesetzliche Rente und die betriebliche Altersversorgung bilden die beiden tragenden Säulen der Altersvorsorge in Deutschland. Doch sie allein reichen oft nicht aus, um den gewohnten Lebensstandard im Alter zu sichern. Deshalb kommt der privaten Vorsorge eine entscheidende Rolle zu – als dritte Säule, die individuelle Gestaltung erlaubt und historisch sogar die älteste Form der Absicherung darstellt.
Historische Wurzeln
Bevor 1889 unter Reichskanzler Bismarck die gesetzliche Rentenversicherung eingeführt wurde, war private Vorsorge die einzige Möglichkeit, Alterssicherheit zu schaffen. Typisch waren Sparbücher, Immobilienbesitz, Lebensversicherungen (erste deutsche Gesellschaften entstanden Mitte des 19. Jahrhunderts) und familiäre Unterstützung. Mit dem Wirtschaftswunder der 1950er Jahre boomten Lebensversicherungen und Bausparverträge – Symbole für Wohlstand und Sicherheit.
Formen der privaten Vorsorge
Heute umfasst die private Vorsorge ein breites Spektrum: Lebens- und Rentenversicherungen: Klassische Produkte mit garantierten Leistungen, aber oft geringer Rendite. Riester-Rente: Seit 2001 staatlich gefördert, besonders für Familien mit Kindern attraktiv – inzwischen jedoch stark rückläufig. Die Bundesregierung hat angekündigt, Riester durch ein neues Standardprodukt zu ersetzen. Rürup-Rente (Basisrente): Seit 2005 steuerlich begünstigt, vor allem für Selbstständige und Gutverdiener. Sie bleibt bestehen, wird aber zunehmend durch fondsgebundene Varianten modernisiert. Immobilienbesitz: Rund 47 % der Haushalte in Deutschland besitzen Wohneigentum als Altersvorsorge. Kapitalmarktprodukte: Fonds, ETFs und Aktien sind seit den 2010er Jahren stark gewachsen, mit über 20 Mio. Anlegern. Sonstige Sparformen: Bausparverträge und private Rücklagen bleiben klassische Ergänzungen.
Daten und Fakten
Lebensversicherungen: Rund 82 Mio. Verträge in Deutschland (2024). Riester-Rente: ca. 10,5 Mio. Verträge, rückläufig. Rürup-Rente: ca. 2,5 Mio. Verträge. Immobilienbesitz: 47 % der Haushalte verfügen über Wohneigentum. Investmentfonds/ETFs: Über 20 Mio. Anleger investieren regelmäßig. Marktanteil: Private Vorsorge macht rund ein Drittel der gesamten Alterssicherung aus.
Chancen und Risiken
Die private Vorsorge ist flexibel und individuell, aber auch mit Risiken verbunden. Während die gesetzliche Rente und die bAV stark reguliert sind, hängt die private Vorsorge von Einkommen, Risikobereitschaft und Lebensplanung ab. Wer früh beginnt, breit streut und Kosten sowie steuerliche Vorteile beachtet, kann Versorgungslücken wirksam schließen. Besonders sinnvoll ist eine Kombination aus geförderten Produkten (Rürup, künftig neues Standardprodukt statt Riester) und freien Kapitalmarktanlagen (ETFs, Immobilien).
Einordnung und Ausblick
Die private Vorsorge ist die älteste Form der Altersabsicherung und zugleich die individuellste. Sie ergänzt die beiden anderen Säulen und zeigt: Altersvorsorge war schon lange vor staatlichen Systemen ein Thema – zuerst privat, dann betrieblich, schließlich gesetzlich. Ihre Zukunft hängt davon ab, ob Menschen bereit sind, Verantwortung für die eigene Absicherung zu übernehmen und die Vielfalt der Möglichkeiten zu nutzen. Politisch wird die Riester-Rente durch ein neues Modell ersetzt, während die Rürup-Rente steuerlich attraktiv bleibt und modernisiert wird.
Quellen:
Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Alterssicherungsbericht 2024, Statistisches Bundesamt: Wohneigentum und private Vorsorge, GDV: Lebensversicherungsstatistik 2024, Deutsche Bundesbank: Anlegerstatistik Fonds und ETFs, Bundeszentrale für politische Bildung: Private Altersvorsorge in Deutschland, und Bundestagsdebatten 2024/25 zur Reform der Riester-Rente.