Zwölf Berliner Bezirke suchen händeringend neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Zwölf Berliner Bezirke suchen händeringend neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Symbolfoto: Paul Zinken/dpa

Die zwölf Berliner Bezirke suchen händeringend neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - finden aber allzu oft niemanden. Aktuell sind in den Bezirksämtern und den angeschlossenen Behörden und Betrieben 2829 Stellen frei, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Die Quote der unbesetzten Stellen schwankt zwischen 4,6 Prozent in Reinickendorf und 17 Prozent in Tempelhof-Schöneberg. In diesem Bezirk ist die Fachkräftelücke mit 425 offenen Posten auch quantitativ am größten, es folgen Treptow-Köpenick (350) und Mitte (320). Am anderen Ende des Rankings werden in Reinickendorf «nur» 76 zusätzliche Beschäftigte gesucht, in Lichtenberg und Friedrichshain- Kreuzberg je 150.

Die Liste der Mangelberufe ist lang und in allen Bezirken ähnlich. Bauingenieure, Architekten und Stadtplaner sind ebenso begehrt wie Informatiker, Sozialarbeiter, Gärtner oder Personal für die Gesundheitsämter. Gesucht werden zudem Verwaltungsfachleute aller Art, gerade weil in dem Bereich aktuell und in den kommenden Jahren viele altgediente Beschäftigte ausscheiden. Mangel herrscht auch an Führungskräften.

Die Ursachen für die Lage sind vielschichtig und haben - vor dem Hintergrund der Alterung der Gesellschaft und des Fachkräftemangels in vielen Branchen - zunächst einmal mit Geld zu tun. «Der öffentliche Dienst ist gegenüber der Privatwirtschaft bezüglich der Verdienstmöglichkeiten wenig konkurrenzfähig», nennt die Bezirksbürgermeisterin von Marzahn-Hellersdorf, Nadja Zivkovic (CDU), einen wichtigen Punkt.

«Ein großes Problem ist, dass die Bezirke in Berlin oft darunter leiden, dass in der Senatsverwaltung bessere Gehälter für die gleiche Arbeit bezahlt werden», legt ihr Lichtenberger Kollege Martin Schaefer (CDU) den Finger in eine weitere Wunde. Und: Der Bund und das benachbarte Land Brandenburg zahlen ebenfalls höhere Gehälter. Diese Lücken müssten geschlossen werden, um Abwanderung zu stoppen, heißt es unisono auch aus etlichen Bezirksämtern.

«Hinzu kommt, dass der öffentliche Dienst auf den ersten Blick ein schlechtes Image hat», glaubt Pankows Bezirksbürgermeisterin Cordelia Koch (Grüne). Und das, obwohl dieser im Hinblick auf Jobsicherheit oder Arbeitszeitgestaltung durchaus attraktiv sein kann. «Daher müssen die Bezirke auf softe Faktoren und Benefits setzen», meint Koch. Ein solcher Benefit in Pankow: Beschäftigte haben die Gelegenheit zu einer Stunde Sport pro Woche in ihrer Arbeitszeit.

Um attraktiver für Bewerber zu werden, würden auch gleichartige, moderne Arbeitslandschaften in allen Behörden mit zeitgemäßen und funktionierenden digitalen Lösungen helfen, heißt es etwa aus Neukölln. Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf weisen darauf hin, dass Stellenbesetzungsverfahren aufgrund der gesetzlichen Vorgaben vielfach zu lange dauerten und zu kompliziert seien.

Allerdings fehlen oft schlicht geeignete Bewerberinnen und Bewerber mit den für eine Tätigkeit auf Bezirksebene nötigen Qualifikationen. «Es ist eine insgesamt mangelnde Bewerberlage zu verzeichnen», schildert Lichtenbergs Bürgermeister Schaefer. Interessenten hätten oft keine einschlägigen Ausbildungs- und Studienabschlüsse. «Auf der anderen Seite scheiden zunehmend Fachkräfte aus.»

Vor diesem Hintergrund setzen manche Bezirke darauf, Bewerber selbst auszubilden oder zusätzliche Qualifizierung gerade in Mangelberufen zu ermöglichen. «Gute Erfahrung haben wir mit Personalgewinnung über eigene Ausbildung gemacht», berichtet eine Sprecherin des Bezirksamts Treptow-Köpenick. Als Beispiele nennt sie die duale Berufsausbildung und Studium, Stipendien oder Studienpraktika. Es gebe auch Programme für Quereinsteigende oder Angebote für Werkstudierende.

Für Quereinsteiger ohne adäquaten Abschluss, aber mit der entsprechenden Berufserfahrung sei der Zugang zum öffentlichen Dienst häufig nicht möglich, heißt es im Bezirksamt Friedrichshain- Kreuzberg. «Dies muss erheblich erleichtert werden.» Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg hat nach den Worten von Bezirksbürgermeister Jörn Oltmann (Grüne) mit einigem Erfolg ein Quereinsteigerprogramm aufgelegt zum Beispiel für Bürokauffrauen und -männer. «Wir würden das gerne ausbauen», sagt er. Aber das sei wegen der schlechten Haushaltslage, die die Landesebene zu verantworten habe, schwierig.

Überhaupt sieht Oltmann bei der Bewältigung des Fachkräftemangels in den Bezirken das Land in der Pflicht. «Das Land Berlin muss beginnen, die Ausbildungskapazitäten nach oben zu fahren», fordert er. Er regt unter anderem Kooperationen mit Hochschulen an, um den Studierenden in bestimmten Berufen zusätzliche Qualifikationen an die Hand zu geben, die für einen Job im öffentlichen Dienst nötig sind.

Seine Kollegin Zivkovic in Marzahn-Hellersdorf fordert ebenfalls mehr Engagement des Landes. «Auch wenn in den letzten Jahren eine Ausweitung der Studienplätze an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin erfolgt ist, sind dort immer noch zu wenig Studienplätze in der Fachrichtung Öffentliche Verwaltung verfügbar.»

Laut Statistischem Landesamt arbeiten im gesamten öffentlichen Dienst in Berlin etwa 222.000 Menschen (ohne Bund). In den Bezirken sind es demnach gut 33.000.


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