Wirtschaftsgipfel EuroMinds: Wir machen das, statt wir schaffen das!

Wirtschaftsgipfel EuroMinds - Wir machen das, statt wir schaffen das! Foto: Sören Bauer Events

In Hamburg diskutierten Experten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur über die Herausforderungen durch den Klimawandel, die Folgen der Corona-Pandemie, die Zukunft der Mobilität und der Weg aus der Spaltung in eine gerechte Gesellschaft: Mehr als 60 Wirtschaftsexperten, Wissenschaftler, Politiker und bekannte Künstler trafen sich in Hamburg zum 2. Wirtschaftsgipfel EuroMinds, um die wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit zu diskutieren. Themen wie der Klimawandel, der Re-Start nach der CoronaPandemie sowie der Zusammenhalt der Gesellschaft in Krisenzeiten standen auf der Tagesordnung. Schirmherr der Veranstaltung war Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg. Partner des Wirtschaftsgipfels sind unter anderen das Nachrichtenmagazin Focus und die Apex Group, ein Unternehmen für Wasserstofftechnologie aus Rostock sowie die Lehner Investments AG. Zahlreiche interessierte Gäste folgten den Diskussionsrunden, darunter viele Prominente aus Sport, TV und Kunst. Um die Zukunft Europas und fehlende Einigkeit unter den EU-Mitgliedsländern ging es im ersten Diskussionspanel.

Der ehemalige EU-Kommissar Günther Oettinger sieht Europa als den Verlierer der Corona-Pandemie. Die Wirtschaft in den USA und die Wirtschaft in China wachsen derzeit viel schneller als die europäische“, sagte der Politiker. Die Europäische Union sei in ihren Entscheidungsprozessen zu langsam, so Oettinger. Viele Handelsabkommen kämen durch den Widerstand einzelner Staaten nicht oder nur zeitverzögert zustande. Innovationen würden nicht zielstrebig genug umgesetzt. In Deutschland sei das Geld aus dem 750 Milliarden schweren EU-Hilfspaket im europäischen Vergleich besonders schlecht eingesetzt worden: „Statt in Innovationen, wurden die knapp 29 Milliarden Euro in bereits laufende nationale Projekte gesteckt,“ kritisierte Oettinger. Sorgen macht sich der ehemalige EU-Kommissar auch wegen der schuldenfinanzierten Bewältigung der Corona-Pandemie: „Wenn jemand garantieren könnte, dass dieses die einzige Pandemie für die kommenden 10 bis 20 Jahren bleibt, dann würde ich sagen: `Laß´ es uns über Schulden machen´. Aber wer gibt uns diese Garantie?“

Aus seiner Sicht dürften andere Finanzierungsoptionen, zu denen auch so unpopuläre Themen wie die Rente mit 68 gehörten, nicht gänzlich ausgeschlossen werden. „Einen illusionslosen Blick auf China“, forderte Nils Annen, Staatsminister im Auswärtigen Amt „Was wir in Peking sehen, ist ausgesprochen besorgniserregend“, sagte der SPDPolitiker. „China hat mit fast allen Nachbarstaaten territoriale Konflikte.“ Die geopolitischen Ambitionen seien offenkundig. Das Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu China in der richtigen Balance zu halten sei eine der großen Herausforderungen, vor der der zukünftige Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin stehe. Es bedürfe pragmatischer Lösungen zwischen Kritik und Kooperation, so Annen, denn „wir können das Klimaproblem nicht ohne China lösen.“ In einen neuen globalen Konflikt abzugleiten, sei falsch. Es wäre aber auch ein fataler Fehler, für einen Marktzugang Know-how verkaufen. „Und wir sollten nicht unterschätzen, wie strategisch die Chinesen genau daran arbeiten.“ Schaffen wir die Energiewende? Darüber diskutierten drei Vertreter von Unternehmen, die sich der Gewinnung von erneuerbarer Energie verschrieben haben und führend auf diesem Gebiet tätig sind: Dr. Peter Sponholz, CTO, Head of Research and Development APEX Group, Bernd Deharde, Geschäftsführer Trianel Windkraftwerk Borkum GmbH & Co. KG und Marcel Keiffenheim als Vertreter der Greenpeace Energy eG. Die Apex Group mit Sitz in Rostock beschäftigt sich mit der Herstellung, Speicherung und dem Transport von Wasserstoff.

Trianel hat sich mit Offshore Windparks einen Namen gemacht, Greenpeace Energy ist eine in Hamburg ansässige Genossenschaft mit 28.000 Mitgliedern, die Privatkunden und gewerbliche Kunden mit Öko-Strom versorgt. Alle Unternehmensvertreter betonten, dass die technischen Möglichkeiten inzwischen vorhanden sind, um nahezu den gesamten Strombedarf über Erneuerbare Energien zu decken. Allerdings seien die Genehmigungsverfahren zu kompliziert und zu lang, die bürokratischen Hürden zu hoch. Marcel Keiffenheim: „Das größte Hemmnis ist nicht das Geld. Das größte Hemmnis ist, genehmigte Flächen zu finden, auf denen Anlagen errichtet werden können.“ Das betrifft Windkraftwerke ebenso wie Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Eine nationale Kraftanstrengung sei erforderlich. „Die Politik verweist auf die Kommunen und lehnt sich zurück. Wenn wir so weitermachen, schaffen wir die Energiewende nicht.“ Peter Sponholz berichtete, dass die Nachfrage nach Wasserstoffkraftwerken für die Energieversorgung einzelner Unternehmen groß ist, aber „Genehmigungen sind kompliziert und dauern lange. Das schreckt viele Investoren ab.“ Die Bundesregierung hat den Netzausbau verschlafen. Es könnte viel mehr Strom aus Wind eingespeist werden. Das ist seit 15 Jahren bekannt, aber es ist nichts passiert“, kritisierte Bernd Deharde. Zustimmung für ihre Kritik an der Politik bekamen die Unternehmensvertreter aus der Wissenschaft. Die bekannte Professorin Claudia Kempfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, betonte, dass die Energiewende ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist.

Umweltschäden zu vermeiden, die Natur zu schützen, einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit der Bürger zu leisten und viele neue Arbeitsplätze zu schaffen, dass sei möglich. Es ist machbar, es ist bezahlbar und eine Win-Win-Situation, sagte die renommierte Wissenschaftlerin. „Es fehlt der politische Wille“, sagte Claudia Kempfert. „Wir könnten viel weiter sein. Die Zeit läuft uns davon. Wir müssen das Ausbautempo vervierfachen, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen.“ Wie findet unsere Gesellschaft wieder zusammen? Diese Frage diskutierte die stellvertretende Bunte-Chefredakteurin Katrin Sachse mit ihren Gästen, Schauspieler Michael Mendl, Schauspielerin und Bestsellerautorin Laura Karasek, die Vorsitzende des Europäischen Ethikrates, Prof. Christiane Woopen und der Unternehmer Hermann Bühlbecker. Zuvor hatte Ex- Bundespräsident Christian Wulff eine Keynote zum Thema gehalten: Er sieht die Gefahr, dass viele Menschen in den Sozialen Medien in den eigenen Echokammern abtauchen, und nur konsumieren, was sie sowie schon immer dachten und nicht offen für andere Standpunkte sind. Wulff sieht die Aufgabe einer ganzen Generation darin, „die Gesellschaft wieder zusammenzubringen und neu zu gestalten.“ Die Überwindung der gesellschaftlichen Spaltung sei eine ähnlich große Herausforderung wie der Wiederaufbau des Landes nach dem zweiten Weltkrieg oder die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten. Christiane Woopen sagte, Werte müssten erlebt und erfahren werden, man könne Sie weder verordnen noch über die Lektüre des Grundgesetzes verinnerlichen. Es sei wichtig, die Menschen in ihrer Individualität und die Gesellschaft in ihrer Vielfalt zu begreifen und nicht einheitliche Gruppen zu definieren wie etwa „Die Jugendlichen“, in denen sich die Einzelnen nicht wiederfinden.

Schauspieler Michael Mendl hält nichts vom Gendern. „Der Schuss geht nach hinten los“ sagte er auf dem Wirtschaftsgipfel EuroMinds in Hamburg. „Die Frau mit der Silbe `Innen´ abzuspeisen soll ein positives Signal sein? Das leuchtet mir nicht ein.“ TV-Moderatorin und Bestsellerautorin Laura Karasek folgt in den sozialen Netzwerken ganz bewusst auch Menschen, deren Meinung sie nicht teilt. „Wer immer nur in der eigenen Blase bleibt, kann sich nicht hinterfragen und weiterentwickeln“, sagte die Tochter von Literaturkritiker Helmut Karasek. „Toleranz gegenüber Andersdenkenden ist ihr wichtig. „Ich fühle mich manchmal wie eine Mediatorin. Meine Botschaft lautet: Seid gnädig und liebevoll miteinander.“ Um die Mobilität der Zukunft ging es in einem Panel, das der Sportjournalist Gerhard Delling moderierte. Der Mobilitätsexperte und Gründer von Hanse Mondial, Julien Figur, warb für das Busfahren als klimafreundliche Alternative zum Individualverkehr. Rennfahrerin Christina Tomczyk Surer räumte ein: „Selbst einer Motorsportlerin ist klar, dass wir etwas ändern müssen.“ Sie fährt im Stadtverkehr E-Auto, aber bei längeren Strecken setzt sie weiterhin auf Verbrenner. „Ich kann auf dem Weg in den Urlaub mit zwei Kindern im Auto nicht die langen Batterieladezeiten einplanen. Das geht einfach nicht. Wenn es eine echte Alternative gäbe, wäre ich dabei.“ TV-Moderatorin Sabrina Straubitz begrüßte inzwischen vielen Fernsehzuschauern bestens bekannte Gesichter in einem Panel, das sich dem Thema „Covid-19: Ein Virus und seine Folgen“ befasste: Der Virologe Prof. Jonas Schmidt-Chanasit sowie die genesene Covid-19 Patientin und FDP-Politikerin Karoline Preißler. Schmidt-Chanasit kritisierte, dass die Impfung der Kinder trotz einer nur eingeschränkten Empfehlung der Stiko forciert wird. „Die Politik versucht hier, Einfluss auf wissenschaftliche Entscheidungen zu nehmen“, sagte der Virologe. Karoline Preißler mahnte die Politik zu mehr Transparenz: Gibt es eine Impfpflicht, ja oder nein? Können wir einen weiteren Lockdown ausschließen?

Wir müssen ehrlich und verlässlich kommunizieren, um nicht noch mehr Vertrauen zu verspielen“, sagte die Juristin. Einen positiven Effekt der Corona-Krise sieht Karoline Preißler in dem gestiegenen Interesse an Politik und Demokratie. „Ich wage die Prognose, dass wir im September bei der Bundestagswahl eine hohe Wahlbeteiligung haben werden. Und das wäre gut“, so Preißler. Jonas Schmidt-Chanasit betonte den Zusammenhang zwischen der Pandemie und der Klimakrise: „Dass wir die Lebensräume der Wildtiere zerstören, ist ja ein Grund dafür, dass solche Pandemien überhaupt entstehen“, sagte der Wissenschaftler. In einer Keynote zeichnete Florian Pronold, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die erforderliche Transformation von Automobilindustrie, Chemischer Industrie, Bau- und Textilwirtschaft ein ganzheitliches Bild. Der Transformationsprozess werde viele neue grüne Arbeitsplätze schaffen, sagte der SPD-Politiker. Deshalb könne man den Menschen guten Gewissens die wirtschaftliche Angst vor dem Strukturwandel nehmen. Schauspielerin Esther Schweins engagiert sich seit ihrer Schulzeit für den Natur- und Umweltschutz. Sie hofft auf mehr Einigkeit beim Klima- und Umweltschutz: „Wir brauchen eine breite gesellschaftliche Debatte, damit wir uns einig werden, in welche Richtung wir gemeinsam gehen wollen.

Esther Schweins moderierte ein Panel zum Thema „Klima & Umwelt: Was können und MÜSSEN wir jetzt tun?" Klaus Wohnig, Experte für Kunststoffrecycling, sagte, das Wort „Kreislaufwirtschaft“ sei irreführend und noch immer eine Farce. Er berichtete, dass nur 10 Prozent allen Kunststoffs mehrfach verwertet wird, denn „Kunststoff zu erzeugen ist derzeit noch preiswerter als Kunststoff zu recyceln.“ Wohnig bemängelte, dass die Kunststoffhersteller keine CO2-Abgabe entrichten müssen und die Recyclingunternehmen keinen finanziellen Gegenwert für die CO2-Einsparung erhalten. 35 Millionen Häuser müssen nach Angaben von Carsten Liesener, CEO einer Siemens Unternehmenssparte für Smart Technologie unter energetischen Gesichtspunkten saniert werden. „Nachhaltigkeit ist ein Geschäft geworden. Das schafft positive Anreize.“ Gunnar Krüger, Mitglied der Unternehmensleitung der APEX Group, rief Unternehmen und Politik zu mehr Tempo und mehr Mut auf: „Es gibt keinen Deal mit Mutter Natur. Wir müssen handeln, wir müssen Fakten schaffen.“

Sören Bauer Events




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