Von dem Industriegipfel bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag fordert die IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner ein klares Signal des Aufbruchs. Zugleich übt sie scharfe Kritik am Zustand der Ampelkoalition.
Dazu, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) parallel zu den Gesprächen beim Bundeskanzler einen Gegengipfel einberufen hat, sagte Benner dem "Spiegel": "Es ist keine Zeit mehr für solche Spiele." Sie habe sich zum Start der Ampelkoalition eine solche Zerrüttung in der Politik nicht vorstellen können.
Sie hätte sich ein stärkeres Bewusstsein und mehr Verantwortung für die industrielle Stärke dieses Landes gewünscht. "Ich bin echt sauer, dass die Regierung, einige Teile davon besonders, so die Zukunft des Landes verspielt, wenn sie sich jetzt nicht zusammenreißen", sagte Benner.
Der Industriegipfel müsse nun ein großer Wurf werden. "Dieser Gipfel muss zeigen, dass die Politik verstanden hat und jetzt Schritte unternimmt, um die Wirtschaft und damit die Arbeitsplätze in diesem Land zu stabilisieren", sagte Benner. Die Gewerkschaftschefin will sich dabei auf zwei Bereiche konzentrieren. Zunächst müssten die energieintensiven Industrien unterstützt werden, das beträfe große und kleine Unternehmen. Sie und ihre Beschäftigten bräuchten verlässliche Energiekosten. "Die Situation ist unsicher und kompliziert. Wir brauchen aber einen dauerhaft verlässlichen und wettbewerbsfähigen Strompreis", sagte Benner. Die Unternehmen benötigten Planbarkeit für Investitionen, sonst drohten Abwanderungen und Stellenabbau.
Zudem forderte sie Unterstützung für die Elektromobilität, um die Nachfrage anzukurbeln. "Wir halten Sonderabschreibungen bei der Steuer für sinnvoll oder soziale Leasingmodelle wie in Frankreich, mit niedrigen Raten für Menschen mit kleinen Einkommen", sagte Benner. Die Förderung der Fahrzeugtypen sollte an die europäische Wertschöpfung geknüpft werden. So würden nicht nur die Hersteller, sondern auch die deutsche und europäische Zulieferindustrie unterstützt. "Ich kann mir eine Akzeptanz für eine solche Förderung mit deutschen Steuergeldern nur schwer vorstellen, wenn damit vor allem chinesische Hersteller unterstützt würden", sagte die Gewerkschaftschefin.
Zur aktuellen Krise bei VW erklärte Benner: "Das Management hat den Pfad der vertrauensvollen Zusammenarbeit verlassen." Die Gewerkschaft habe in der Vergangenheit Zukunftstarifverträge abgeschlossen und zu Lösungen beigetragen. "Wir wollen auch diesmal Teil der Lösung sein", so Benner. "Jetzt muss das Management erst einmal erklären, welche Prozessverbesserungen sie machen wollen und wie die Modellpolitik aussehen soll."